Wie gesund ist mein Zuhause?

Wie gesund ist unser Zuhause? Wohngifte meiden, wohngesund bauen

Gifte und Schadstoffe in den eigenen vier Wänden wünscht sich keiner. Trotzdem wächst die Zahl derjenigen, die unter gebäudebedingten Beschwerden leiden. Baupioniere halten mit innovativen, wohngesunden Häusern dagegen.

Willkommen im „Wood-Age“

Trendforscher haben das «Holz-Zeitalter» kommen sehen. Nun hat es begonnen: In allen Klimazonen der Welt sind in den letzten Jahren moderne Häuser entstanden, die vorwiegend aus Holz gefertigt sind. Ein- und Mehrfamilienhäuser, Kitas, Schulen, Industriebauten und Bürohäuser. Darunter so imposante Hochhäuser wie das Wiener «HoHo» (84 Meter) oder das «Mjøstårnet» im norwegischen Brumunddal (85 Meter).

Holz? Viele Vorteile

Die meisten Menschen fühlen sich wohl im Holz, gesund bauen, gesund wohnen

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Die Vorteile von Holz liegen auf der Hand: Jährlich wächst auf der nördlichen Erdhalbkugel ein Mehrfaches an Holz nach als im Wohnungsbau benötigt wird. Die Herstellung von Beton und Zement verursacht rund 40 Prozent des Co2-Ausstosses. Holz aber ist ein CO2-Speicher. Nachhaltig bewirtschaftet kann es das Klima stabilisieren. Das bestätigt u.a. eine Studie des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Ausserdem kann man mit Holz dank neuen Fertigungstechniken enorm vielseitig, hochpräzise und rascher bauen als mit Beton und Stein.

Entspannt das Nervensystem

Hinzu kommt, dass sich die meisten Menschen «im Holz» wohl fühlen. Studien zeigen, dass eine Umgebung mit viel Holz die Herztätigkeit und das Nervensystem beruhigt. Kinder, die in Schulzimmern aus Vollholz lernen, sind entspannter. Ein Forscherteam der Medizinischen Universität Graz entdeckte, dass der Vagustonus von Kindern in Vollholz-Räumen kontinuierlich hoch ist. Das ist gesundheitlich von Vorteil. Der Vagus oder „Ruhenerv“ fördert die körperliche Entspannung und lindert Entzündungsvorgänge.

Boom mit Haken

Baupioniere erstellen wohngesunde Häuser

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In der Schweiz bestehen mittlerweile zehn Prozent der Neubauten vorwiegend aus Holz. In Österreich sind es zwölf Prozent, in Deutschland sogar gegen 18 Prozent – Tendenz in allen drei Ländern steigend.
Nur eines wird in der aktuellen Holz-Euphorie meist übersehen: Dass das massenweise verbaute Holz mit Chemikalien behandelt ist. Diese «Veredelung» bedeutet, dass das Holz zur potenziellen Schadstoffquelle für die Hausbewohner wird.

Es wird „gebraut“…

Die meisten Neubauten sind nachhaltig und energieeffizient. Doch „wohngesund“ sind nur die wenigsten. Unter den immer dichter werdenden Gebäudehüllen braut sich einiges zusammen: Bauschaum, Bodenbeläge, Fugenkleber und Mörtel, Holzwerkstoffplatten und Wandfarben. Sie alle dünsten aus.

Krank vom Wohnen

Tränendes Auge_Wohnbedingte Beschwerden nehmen zu

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Baubiologische Messungen zeigen, dass versteckter Schimmel und «dicke Luft» weit verbreitet sind. Auch in Neubauten.
Gleichzeitig wächst die Zahl der gebäudebedingten Erkrankungen. Besonders häufig sind Reizungen der Schleimhaut von Augen, Nase, Rachen und Bronchien sowie Kopfschmerzen. Manche Schadsubstanzen aus Bauprodukten können zudem Mitursache für schwere Erkrankungen wie Asthma, Allergien, Krebs und Schädigungen des Nervensystems sein.

Kleine Dosis, grosse Wirkung

Dabei sind umwelt- und gebäudebedingte Erkrankungen fast nie das Resultat einer geballten Ladung von Schadstoffen. Wesentlich häufer sind Beschwerden infolge einer chronischen Exposition gegenüber gering dosierten Substanzen. Fest steht auch, dass die meisten Beschwerden durch die Kombi-Wirkung mehrerer Schadstoffe entstehen.

Jahrelang gesucht…

Viele Menschen mit gebäudebedingten Beschwerden suchen während Jahren oder gar Jahrzehnten nach Wohnräumen, in denen die Beschwerden abklingen. Zum Glück sind in den letzten Jahren Immobilien entstanden, die nach strengsten Maßstäben wohngesund sind. Mit ihren rekordtiefen Schadstoffwerten bieten sie auch Allergikern ein Zuhause. Also beispielsweise Menschen, die  keine flüchtigen organischen Stoffe (VOCs) aus Span- und Sperrholzplatten, Farben, Lacken oder Leimen ertragen.

Natur, Natur…

Auffallend ist, dass in den meisten wohngesunden Häusern unbehandelte Naturmaterialien verbaut werden. Zum Beispiel Eiche für Fenster, Böden und Türen. Eiche ist so hart, dass es keine Holzschutzmittel benötigt. Auch die Innenwände sind meist mit unbehandelten Naturmaterialien verkleidet. Beispielweise mit Öko-Gipsfaserplatten und ökologisch gebrannten Hohllochziegeln.

Schafwolle statt Styropor

Wohngesund wohnen_Schafwolle statt Styropor

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Gedämmt wird in wohngesunden Häusern nicht mit Kunststoff wie zum Beispiel Styropor. Sondern mit Öko-Holzfasern, Schilfrohr-Lehmplatten und Bioschafwolle. Der Grund? Viele Baumaterialien aus Kunststoff gasen potentielle Schadstoffe aus. Manche sind leicht entflammbar und müssen beim Rückbau des Hauses als Sondermüll entsorgt werden.
Naturmaterialien sind frei von diesen Nachteilen. Was Schafwolle und Lehm betrifft: Beide Naturstoffe können Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Das ist gut für’s Raumklima. Ausserdem binden sie Schadsubstanzen. Insbesondere Lehm wird deshalb immer häufiger für den Innenputz in modernen, wohngesunden Häusern eingesetzt.

Spanplatten raus, Massivholz rein

Pionier_Erwin Thoma baut wohngesunde Häuser_

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Wegweisend im Bereich des gesunden Wohnungsbaus sind «Holz100-Häuser». Ihr geistiger Vater, Erwin Thoma, begann bereits vor 30 Jahren mit dem wohngesunden Hausbau. Den Anstoss dazu gaben seine Kinder, die erst dann von chronischem Husten und Atemwegsbeschwerden genasen, als Thoma die verleimten Spanplatten im Einfamilienhaus durch Massivholz ersetzte.
Der österreichische Förster fackelte nicht lange und gründete ein Unternehmen für ökologischen Holzbau. Zehn Jahre lang tüftelte und forschte er, um ein perfektes Bausystem aus massivem, reinem Vollholz zu entwickeln.

Bestwerte

Inzwischen sind «Holz100-Häuser» weltweit tausendfach montiert. Sie erhalten Bestnoten in puncto Wärme- und Kälteschutz, Robustheit, Brand- und Erdbebensicherheit. Und sind im wahrsten Sinne «nachhaltig». Und somit rückbaubar, ohne dass Sondermüll anfällt. Ein Gegensatz zur grossen Mehrheit der bestehenden und neu erbauten Häuser.

Holzschutz? Nicht nötig!

In «Holz100- Häusern» wird auf Kunststoffe, Kleber und Chemie verzichtet. Holzschutzmittel? Nicht nötig. Das verbaute offenporige Holz nimmt Wasser auf und gibt Wasser ab, trocknet also ganz natürlich. Das macht den Einsatz von Spezialfolien oder Beschichtungen gegen Feuchtigkeit, Insekten und Pilze überflüssig.

Altes Wissen, aktuelle Wissenschaft

Römische Kriegsschiffe wurden stets aus Mondholz gefertigt

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Erwin Thomas Holzbaukunst hat in den letzten Jahren erste Nachahmer gefunden. Sie verbauen in der Schweiz und Deutschland unbehandeltes Massivholz auf ähnliche Weise.
Thoma aber geht noch einen Schritt weiter: Er setzt ausschliesslich auf Mondholz. Dieses sei robuster, langlebiger und im Verhalten ruhiger, sagt er.
Ein Blick zurück bestätigt: Während Jahrtausenden war in der Saftruhe und unter Berücksichtigung der Mondphasen gefälltes Holz geschlagenes Holz das bevorzugte Baumaterial für Häuser. Häuser, die den Jahrhunderten trotzten.
Für den Bau von Kriegsschiffen war Mondholz gar lange Zeit vorgeschrieben, beispielsweise im römischen Reich. Weil Schiffsbauer und Kriegsherren wussten, dass Schiffe aus Mondholz widerstandsfähiger gegen Bohrmuscheln sind. Diese Muscheln konnten ganze Flotten „versenken“. Und damit über Sieg oder Niederlage des Heeres entscheiden.

Und heute?

Die uralte Praxis des Bauens mit Mondholz wird von vielen Förstern und Baufachleuten belächelt. Obwohl Studien des Bieler Holzschutzforschers Prof. Ernst Zürcher zeigen, dass eine Wechselwirkung zwischen der Qualität des Holzes und den Mondphasen besteht. Und dass der Zeitpunkt der Fällung durchaus eine Rolles spielen kann. Hinsichtlich Wasserverlust, Dichte und Schwindverhalten.

15 Prozent Mehrkosten

Noch leisten sich erst wenige ein «Holz100-Haus». Massivholz ist ein Nischenprodukt, und Mondholz erst recht. Das hat zehn bis 15 Prozent höhere Baukosten zur Folge.
Mit dem Hausbau alleine ist es zudem nicht getan. Auch der perfekteste häusliche „Kokon“ wird ad absurdum geführt, wenn das fertige Haus mit Möbeln aus Spanplatten und Sperrholz sowie synthetischen Vorhängen, Lampen und Teppichen gefüllt wird, die künstliche Stoffe ausgasen.

Holz, das nicht brennt…

Holz, das nicht brennt_ Massivholz ist sehr feuerbeständig
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Zu den Pionieren des Öko-Massivholzbaus in der Schweiz gehört Hannes Nägeli. Der Inhaber der Firma Nägeli AG im Appenzellischen Gais baut seit über 10 Jahren naturbelassene Vollholzhäuser. Ihre bis zu 39 Zentimeter dicken Aussen- und Tragwände erzielen Spitzenwerte bei Wärmedämmung und Schallschutz. Ausserdem sind die naturbelassenen Massivholzwände feuerfest. Wie ist das möglich – Holz, das nicht brennt?
„Holz muss von Luft umfächelt sein, um gut zu brennen. Deshalb verkleinert man es vor dem Verbrennen zu Scheiten“, sagt Hannes Nägeli. „Wenn ganze Bäume oder grosse Strukturen aus Massivholz brennen, verkohlt nur die Aussenfläche. Es entsteht ein Schutzmantel, der das restliche Material schützt. Deshalb sind Häuser aus Massivholz bei Bränden extrem stabil.“

Dübel statt Nägel

Ein gesundes Haus entsteht_ein Haus aus naturbelassenem Massivholz

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Die Nägeli AG setzt auf einheimisches Holz aus einem Umkreis von bis zu 30 Kilometern und verarbeitet es in einer topmodernen CNC-Produktionsstrasse. Wände und Decken werden mittels einer patentierten Holzdübel-Technik miteinander verbunden. Das Resultat sind Bauwerke, die frei von Metall, Leim und Kunstoff sind.

Aufgepasst beim Siegel!

Wer selber wohngesund bauen oder renovieren will, sollte auf Gütesiegel achten. Denn die Anbieter von Bauprodukten nehmen es mit ihren Aussagen zur Wohngesundheit oft nicht so genau. Die Begriffe «schadstofffrei» und «ökologisch» werden unbedacht verwendet. Das «Greenwashing» beziehungsweise «Vorspiegeln einer ökologischen Qualität» ist weit verbreitet.

Empfehlenswert: „Eco“ und „nature plus“

Öko-Labels von Baumaterialien garantieren eine gewisse Qualität. Obwohl auch diese Labels mitunter nur Laborprüfwerte für Formaldehyd und VOCs (flüchtige organische Verbindungen) vorweisen. Für alle anderen Schadstoffe geben sich die Labels mit ungeprüften (!) Herstellererklärungen zufrieden.
Andere Gütesiegel wiederum achten mehr auf die Umweltverträglichkeit als auf die Gesundheit. Nur wenige Labels berücksichtigen beides. Zu ihnen gehören die Gütesiegel «eco» (DE) und «nature plus» (DE und CH).
In der Schweiz geht das „Minergie-ECO-Label“ zwar Richtung Wohngesundheit. Doch Minergie-ECO setzt auf das komplette Dichtmachen der Gebäude-Aussenhülle. Aus gesundheitlicher Sicht ist dies nicht empfehlenswert.

Onlineversion publiziert: 1.9.2021 / © Petra Horat
Letztmals aktualisiert: 6.9.2021
Gekürzte Printversion dieses Beitrags.

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Zum Weiterlesen und Weiterforschen…

Gratis Broschüre Ökologische Baustoffwahl
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Wohngesundes Haus_TippsHier geht es zur Gratis-Broschüre „Ökologische Baustoffe“ des deutschen Bundesinstituts für Bau, Stadt und Raumforschung.

Wohngesundes Haus_Tipps www.gesundes-haus.ch: Hilfreiche Informationen zum baubiologischen Bauen samt Kontaktadressen, z.B.  von Anbietern hochwertiger Naturbaustoffe.  Sehr nützliche Suchfunktion.
Wohngesundes Haus_TippsKontakt zu Holz100: www.holz100.ch (Tel: +41 825 01 00) und www.holz100.de (Tel. +43 6415 8910).
Wohngesundes Haus_TippsProbewohnen in wohngesunden Hotels, Ferienhäusern und Wohnungen.
Wohngesundes Haus_TippsBeratungshotline der Europäischen Gesellschaft für gesundes Bauen und Innenraumhygiene EGGBI  (Beratung bis 30 Min kostenlos): Tel. 49 (0) 9443 700 169,  Email: Beratung@eggbi.eu. Website: www.eggbi.eu
Wohngesundes Haus_TippsBauprodukte: „natureplus“ ist das strengste europäische Umweltlabel für Bauprodukte und auch für die Schweiz relevant. Unter „www.natureplus.org“ finden Sie eine Datenbank mit über 600 natureplus-zertifizierten Bauprodukten und deren Inhaltsstoffe.

 

 

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Was macht Massivholz brandsicher?

Bestnoten für Massivholz im Feuertest

Moderne Massivholz-Häuser sind extrem feuerresistent. Ihre Vollholzwände trotzen in Tests Temperaturen bis 1100 Grad C. Wie ist das möglich?
Damit Holz brennt, muss es von Luft umfächelt sein. Aus diesem Grund wird Brennholz zu Scheiten verkleinert.  Fangen dagegen ganze Bäume oder Häuser aus Massivholz Feuer, verkohlen sie nur an der Aussenfläche. Mit anderen Worten: Sie „verbrennen“ sehr langsam und berechenbar. Im Gegensatz dazu können Beton-Stahlbauen bei hohen Brandtemperaturen plötzlich und unberechenbar kollabieren.

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Was macht Massivholz erdbebensicher?
Genau wie ein hoher Baum ist auch (verbautes) Massivholz elastisch. Deshalb brechen hohe Häuser nicht gleich zusammen, wenn die Erde bebt. Das erklärt, warum Erwin Thomas Holz100-Häuser beim schweren „Tsunami“-Erdbeben von 2011 stehen blieben, während reihum Betonhäuser kollabierten.

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„Nachhaltig“ bauen, was heisst das?

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutete ursprünglich, dass nicht mehr Bäume geschlagen als wiederaufgeforstet werden.
Das heutige Verständnis von Nachhaltigkeit ist umfassender: Wer nachhaltig baut, darf weder der Natur noch künftigen Generationen Schaden zufügen.

„Ökologisch“ bauen, was bedeutet das?

Ökologisches Bauen stellt die Schonung der Ressourcen in den Mittelpunkt. Durch nachwachsende Baustoffe, kurze Transportwege und die Wiederverwendbarkeit der Baumaterialien. Ökologische Baustoffe enthalten weniger Chemikalien als konventionelle.

„Wohngesund“ bauen, was heisst das?

„Ökologisch“ ist kein Synonym von „wohngesund“. Beim wohngesunden Bauen werden alle Einflüsse reduziert oder ausgeschaltet, die krank machen können oder der Gesundheit abträglich sind. Also vorab biologische Belastungen wie z.B. Schimmel. Aber auch physikalische Belastungen wie Lärm und Elektrosmog. Es werden in der Regel emissionsfreie Baumaterialien eingesetzt.

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