Gesunde Gemüsereste

Spitzenköche bereiten aus verschmähten Gemüseresten Köstlichkeiten zu

Gesunde Gemüsereste! Spitzenköche bereiten aus verschmähten Gemüseresten gerne Köstlichkeiten zu. Das »Leaf to Root«-Prinzip kann auch Hobbyköche bereichern. Umso mehr als jedes Jahr tonnenweise Gemüsereste im Abfall landen.

Warum essen wir die Rüebli ohne das Kraut?

Und weshalb landen die Blätter von Brokkoli, Kürbis, Rote Bete & Co. meist im Abfall oder auf dem Kompost? Das fragte sich die Schweizer Food-Journalistin Esther Kern und lancierte auf ihrer Homepage eine Aktion, die sich der ungeliebten Gemüseteile annimmt.
Mit Erfolg: Gourmetköche aus dem In- und Ausland belieferten die Website mit Rezepten, in denen unbekannte Gemüseteile auf vielfältige Weise zubereitet werden. Ein Interview mit dem englischen Spitzenkoch Fergus Henderson inspirierte Esther Kern dazu, ihre Aktion «Leaf to Root» zu nennen – ein sinniger Name für eine Gemüseküche, welche die ganze Pflanze verwertet, vom «Blatt bis zur Wurzel».

Wer denkt an Maishaare?

Inzwischen hat sich der Begriff «Leaf to Root» in der Gastrowelt etabliert und Esther Kern hat gemeinsam mit Spitzenkoch Pascal Haag und Fotograf Sylvan Müller ein Buch erarbeitet, das detailliertes Wissen und Rezepte zu 50 Gemüsen und Früchten sowie deren speziellen Teilen liefert (siehe Buchtipp auf dieser Seite).
Wer auch nur einige Erkenntnisse aus dem über 300-seitigen Werk umsetzt, erspart sich viel mühsames Wegrüsten in der Küche und entdeckt unbekannte Köstlichkeiten, die praktisch vor der Haustür wachsen.
Zum Beispiel Maishaare. Frittiert werden sie zur Delikatesse, die «originell aussieht und toll schmeckt», haben die Buchautoren in ihrer Experimentier-Küche entdeckt.

Die Schale gleich mitgaren

Oder die Blätter des Speisekürbis. In zahlreichen Ländern der Welt kommen sie regelmässig und in unterschiedlichen Zubereitungen auf den Tisch. Ebenfalls gut zu wissen: «Die Schale des Kürbis kann man gleich mitgaren statt sich mit dem Schälen abzumühen», sagt Esther Kern. «Bei den zarteren Sorten wie Butternuss und Hokkaido geht das besonders einfach.»

Alles essbar!

Auch Kohlgewächse (Brassica oleracea) sind typische «Leaf to Root»-Gemüse, also von Blatt bis Wurzel und von Herz bis Blüte essbar. Die Blätter kann man kochen, füllen oder zu knusprigen Chips verarbeiten. Die Strünke, Triebe und Knospen lassen sich sanft dünsten; mit den Blüten kann man Öle aromatisieren oder das Brot und den Salat damit anreichern.
Der Gourmetkoch Martin Real vom Liechtensteinischen Restaurant Weinlaube zum Beispiel pflegt Federkohlstiele mit etwas Wasser und Salz zu dünsten und dann mit Birnendicksaft und wenig Rahm abzuschmecken. «Seit ich dieses Rezept kenne, landen die Stiele und Blattrippen des Federkohls nie mehr im Kompost», freut sich Esther Kern.

Raps als Edelgemüse

Säen einmal anders Ähnliches gilt für den Raps, den viele Konsumenten nur von der Ölflasche her kennen. Dabei lassen sich sowohl Stiel als auch Blätter, Blütentriebe und Blüten der wunderschönen Pflanze als delikates Gemüse zubereiten. Wie? Die feinen Triebe roh essen, festere Rapsteile kurz blanchieren oder ein paar Sekunden lang in Öl oder Butter schwenken. Fertig! Dass der Raps nicht vom frisch mit Pestiziden besprühten Feld kommen sollte, versteht sich von selbst.

Säen einmal anders

Besitzerinnen von Gärten oder Balkontöpfen lädt der «Leaf to Root»-Trend zu besonders kreativen Experimenten ein. So lassen sich zum Beispiel Gemüsesamen so dicht säen, dass unzählige Babypflanzen heranwachsen, deren Würzelchen und Mikroblätter lecker schmecken und besonders reich an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Enzymen sind. Eine perfekte Zutat für Salate, Sandwiches und Suppen.

Supergesunde Minipflanzen

Auf diese Weise kann man mit allen möglichen Gemüsesamen verfahren, also beispielsweise auch mit den Samen von Amaranth, Brokkoli, Haferwurzel, Kohlrabi, Lauch, Randen (Rote Bete), Schwarzwurzel und Karotte. Sät man letztere dicht aus, liefern sie besonders viel Kraut, das im Salat, in Pesto, Saft oder Smoothie verarbeitet werden kann.
Diese Anbaumethode praktizieren mitunter auch Profis. So verkauft zum Beispiel der Bio-Bauer Klaus Böhler aus Seuzach ZH jeweils ab April oder Mai von seinem dicht gesäten Feld Erbsentriebe als «Frühlingsgemüse».

Die Pflanzen besser stehen lassen

Auch das Ernten gestaltet sich mit der «Leaf to Root»Methode entspannter. Statt den Garten nach der Ernte oder im Herbst piccobello auszuputzen, kann man einzelne Gemüsepflanzen einfach stehen und aufschiessen lassen. Die kulinarischen Schätze, welche die Pflanzen dann hergeben, sind bei Sterneköchen besonders begehrt. Etwa die Blütenstände, Blüten und Samen von Brokkoli, Fenchel, Dill, Knoblauch, Radieschen, Schnittlauch, Sellerie, Karotten und Zwiebeln. «Viele Blüten kann man roh verspeisen oder kurz andünsten», erklärt Esther Kern.

Ernten auch im Winter

Ebenfalls praktisch: Winterharte, einheimische Gemüsepflanzen pflegen im Frühling von alleine auszutreiben, so dass man zeitig butterzartes Frühlingsgemüse ernten kann. Beim Federkohl (Grünkohl) etwa, hat Esther Kern entdeckt, erntete man früher so genannte «Kohlbrockerl», feine Triebe, die circa ab März an den Strünken der Kohlpflanze austreiben. Das waren willkommene Vitaminspender, als man noch keine ganzjährigen Grünpflanzen im Angebot hatte.

Genuss mit Schale

Besonders experimentierfreudige Köche verarbeiten auch die Schalen von (biologisch angebautem) Gemüse statt sie einfach wegzuwerfen. Esther Kern hat einige «Schalen-Rezepte» zusammengetragen, darunter eines von Markus Burkhard vom Restaurant Jakob in Rapperswil.
Der Gourmetkoch trocknet, mahlt und backt die Schalen der Schwarzwurzel im Ofen, mischt sie nach dem Abkühlen mit weisser Schokolade und gibt sie über ein Schwarzwurzel-Eis.
«Das Eis ist weiss, der Crumble ist schwarz, das sieht toll aus», sagt Markus Burkhard. Wieder andere Köche verarbeiten Gemüseschalen zu Chips, indem sie die Schalen ausbacken oder frittieren.

Zahlreiche Root-to-Leaf-Rezepte finden Sie hier www.leaf-to-root.com

Text: Petra Horat

 

Hier entdecken Sie mehr Naturthemen von gesundheitsjournalistin.ch

Im ersten Land der Welt ist alles Essen Bio.

Hier entdecken Sie Gesundheitsthemen von gesundheitsjournalistin.ch

Hier entdecken Sie viele nützliche Tipps aus Naturheilkunde und Ganzheitsmedizin.

 

 

 

 

 

 

Mikrogrün: supergesundes aus Garten und Balkon


• Gemüsesamen so dicht säen, dass unzählige Babypflanzen heranwachsen.

• Die heranspriessenden Keimlinge nicht vereinzeln!

• Die Würzelchen und Mikroblätter der Minipflanzen schmecken lecker.

• Mikrogrün ist reich an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Enzymen.

• Sie können Babypflanzen aus allen möglichen Gemüsesamen ziehen.

• Wenn Sie Karottensamen besonders dicht  säen, liefern sie so viel Kraut, das Sie es für Salat, Saft oder Smoothie verarbeiten können.

Aus alt wird neu: Vitaminspender im Winter

Wenn Sie winterharte, einheimische Gemüsepflanzen wie Broccoli, Grünkohl oder Federkohl im Herbst stehen lassen, treiben sie im Frühling von alleine aus und liefern butterzartes Frühlingsgemüse.

*

BUCHTIPP

 

 

 

 

Die Schweizer Food-Journalistin Esther Kern hat mit Spitzenkoch Pascal Haag und Fotograf Sylvan Müller ein Buch erarbeitet, das detailliertes Wissen und Rezepte zu 50 Gemüsen, Früchten und deren Second Cuts  liefert. Als Second Cuts  bezeichnen Gastro-Profis jene Teile von essbaren Pflanzen, die meist nicht verzehrt werden.
Das Buch wurde als drittbestes Vegi-Kochbuch der Welt ausgezeichnet. Eine kulinarische Entdeckungsreise vom Blatt bis zur Wurzel der Gemüse (und Früchte).

Das Buch Leaf to Roof zeigt, wie Sie Gemüsereste in feine Menüs verwandeln

Esther Kern, Sylvan Müller und Pascal Haag: Leaf to Root – Gemüse essen vom Blatt bis zur Wurzel.
AT Verlag 2016, 320 Seiten
ISBN: 978-3-03800-904-7

*

Von wegen »gefährlich«

In vielen Köpfen ist das Misstrauen gegen unbekannte Gemüseteile tief verwurzelt. Obwohl die meisten »Second Cuts« schmackhaft und gesund sind. Allerdings gilt auch hier: Ausnahmen bestätigen die Regel.
• Beispielsweise ist es nicht ratsam, die Blüten von Kartoffeln zu essen. Sie können sehr hohe Solaninwerte ausweisen und sind deshalb zum Essen ungeeignet.
• Andere Pflanzenteile können bei einem empfindlichen Magen Blähungen verursachen, zum Beispiel die essbaren Wurzeln von Chicorée, Löwenzahn oder Dahlien.
• Auch hier gilt also: Machen Sie sich schlau!

Mit wachen Sinnen kosten…

Wieder andere Gemüseteile sind so zäh, so dass man sie mit dem Messer kaum durchtrennen kann.
• Diese Gemüseteile garen Sie einfach länger und passieren Sie dann, beispielsweise die Strünke älterer Kohlpflanzen.
• Manche Pflanzenteile sind für den sensiblen Gaumen etwas sehr bitter.
• Experimentieren statt lange Studieren!