Fieber ist eine potente Waffe gegen Viren und Bakterien. Seine Hitze vernichtet die Krankheitserreger. Deshalb sollte man Fieber nie vorschnell senken.
Das menschliche Immunsystem ist atemberaubend komplex und hochkompetent. Es hat sich auf die Abwehr pathogener Bakterien, Viren und Pilze spezialisiert. Damit sammelt es seit der Zeit des Homo erectus seine Erfahrungen – das heisst, seit über zwei Millionen Jahren.
Und doch kennt der Mensch sein Immunsystem erst rudimentär. Als Folge davon verhält er sich oft in einer Weise, die sich behindernd auf die Heilungsprozesse seines Körpers auswirkt. Nehmen wir zum Beispil das Fieber. Das Immunsystem hat Fieber als machtvolle Waffe gegen Krankheitserreger entwickelt. Und was tut der Mensch? Er fürchtet sich vor dem Fieber und versucht, es mit Hilfe von Medikamenten im Keim zu ersticken.
Dabei wirkt Fieber in den meisten Fällen wie eine Generalreinigung. Sobald das Gehirn die Temperatur hochfährt, können sich Krankheitserreger unter Einfluss der Hitze nur noch langsam oder gar nicht mehr vermehren. Viren reagieren häufig besonders empfindlich auf hohe Körper-Temperaturen. Für das Influenza-Virus aus der Corona-Familie ist dies zum Beispiel der Fall wie auch für das Coronavirus SARS CoV-2 (Pandemie 2020/2021).
Studien zeigen, dass Fieber sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem aktiviert. Es beschleunigt den Fluss von Lymphe und Blut, und regt die Tätigkeit vieler Immunzellen an. Beispielsweise der neutrophilen Granulozyten und der Lymphozyten oder T-Zellen.
Fieber ist eine so intensive Massnahme, dass die integrative Medizin seit langer Zeit erfolgreich mit der „Ganzkörper-Hyperthermie“ bzw. der „passiven Fiebertherapie“ arbeitet. Diese besteht darin, die Körpertemperatur unter ärztlicher Kontrolle zu erhöhen und während ein bis zwei Stunden auf 38,5 bis 40 Grad Celsius zu halten.
Auch in der Krebsbekämpfung kommt die Hyperthermie zum Einsatz. Anz ganzheitlich praktizierenden Kliniken, seit ein paar Jahren aber auch vermehrt an schulmedizinischen Krankenhäusern, zum Beispiel an diesen fünfzehn Spitälern in der Schweiz.
Wenn Ihr Körper mit Fieber auf ein pathogenes Virus reagiert, ist das eine erfreuliche Nachricht. Sie bedeutet: Ihr Immunsystem funktioniert prima! Ihr Gehirn hat die Körpertemperatur hochgefahren, um die Eindringlinge durch Hitze ausser Gefecht zu setzen.
Lassen Sie das Fieber arbeiten statt es raschmöglichst mit einem fiebersenkenden Medikament zu unterdücken! Umso mehr als wissenschaftliche Studien belegen, dass fiebersenkende Medikamente die Sterberate bei Influenza erhöhen können!
Wer Fieber hat, fühlt sich schlapp und appetitlos. Auch das ist sehr sinnvoll. Der mangelnde Appetit zwingt den Kranken, seinen Körper vor zusätzlichen Belastungen zu schützen. Mehr zu schlafen und die eigenen Ressourcen in den Heilungsprozess zu stecken. Statt in Arbeit, Fernsehen oder Verdauungsarbeit.
Keine Regel ohne Ausnahme. Das gilt auch für das Fieber. Es gibt tatsächlich Fälle, bei denen der Nutzen des Fiebers sorgfältig abgewogen werden muss. So kann es zum Beispiel sinnvoll sein, das Fieber zu senken bei Kindern, die zu Krämpfen neigen, und bei Erwachsenen mit bestimmten Vorerkankungen. Vorab mit Herzerkrankungen.
Bis zum Zeitalter der Antibiotika war das Wissen von der Heilkraft des Fiebers auf der ganzen Welt weit verbreitet. In Europa hatte sich das ärztlich begleitete Schwitzbad oder „Überwärmungsbad“ zu einer Kunst entwickelt. Die Ärzte erzielten damit große Heilerfolge – auch bei der Behandlung von Infektionskrankheiten. Ein Teil dieses beachtlichen Wissens gelangt noch heute in Kliniken der Ganzheitsmedizin zur Anwendung.
Den gesundheitlichen Nutzen des Schwitzbads verdanken wir der Haut. Sie ist neben Leber, Lunge und Nieren das wichtigste Reinigungsorgan des Körpers. Ihre Fähigkeit, wasser- und fettlösliche Schadstoffe auszuscheiden, wird im Schwitzbad um ein Vielfaches gesteigert. Das Wärmebad zwingt die Blutkapillaren zu einer wahren Heilgymnastik: Die Kapillaren weiten sich. Es kommt zu einer intensiven Mehrdurchblutung von Haut, Bindehaut und inneren Organen.
Schad- und Krankheitsstoffe werden aus dem Bindegewebe gezerrt, vom beschleunigten Blutstrom mitgerissen und ständig weiter getrieben, bis sie über Haut, Nieren, Leber oder Lunge zur Ausscheidung gelangen. Dabei vernichtet die Naturarznei aus Wasser und Wärme eine Vielzahl von hitzeempfindlichen Krankheitserregern.
Wiederholt durchgeführt – einmal monatlich bis mehrmals wöchentlich – kann ein Schwitzbad bei zahlreichen gesundheitlichen Beschwerden helfen. Von hartnäckigen Muskelverspannungen über die Grippe-Prophylaxe bis zu Erkältungskrankheiten und chronischen Hautbeschwerden.
Trotzdem ist Bad nicht gleich Bad. Das zeigt die hochentwickelte Hydrotherapie der grossen Naturkunde-Pioniers Sebastian Kneipp eindrücklich: Jede Wasseranwendung hat ihre eigene Wirkungsweise. Sie wird durch Wassertemperatur, Dauer und Art der Durchführung beeinflusst.
Ein Schwitzbad „light“ kann man problemlos zu Hause durchführen. Am besten am Abend, zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen. Nie auf einen gefüllten Bauch!
Trinken Sie vor dem Baden ein bis zwei Tassen Linden- oder Holunderblütentee. Das intensiviert den Schwitzvorgang.
Entleeren Sie vor dem Baden Blase und Darm. In der Naturheilpraxis wird der Dickdarm vor dem Schwitzbad sogar mit einem Einlauf entleert. Das steigert die Entgiftungswirkung des Bades.
Das Halbschwitzbad ist ein einfach durchzuführendes Bad. Es wird in aller Regel auch von älteren Personen sehr gut vertragen. Wie der Name sagt, handelt es sich dabei um ein „halbes Bad“.
So funktioniert das Halbschwitzbad: Lassen Sie etwa 20 Zentimeter hoch warmes Wasser in die Badewanne einlaufen. Die Temperatur sollte 37 °C nicht übersteigen (Badethermometer).
Der Grund: Ist das Wasser von Anfang an zu heiss, ziehen sich die Poren zusammen. Das behindert den Entschlackungsprozess. Setzen Sie sich also in die Wanne und lassen Sie währen 10 bis 15 Minuten immer mehr heißes Wasser zulaufen.
Wichtig: Das Wasser sollte nicht höher als bis zum Nabel reichen. Falls es höher steigt, lassen Sie zwischendurch etwas Wasser ablaufen. Warum eine Nabelgrenze? Sie lenkt das Blut in den Unterkörper und entlastet somit das Herz.
Das Bad wird Ihnen zu heiß? Dann drehen Sie den Wasserhahn zu und warten einen Augenblick. Sobald Sie sich an die Temperatur gewöhnt haben, lassen Sie wieder heißes Wasser zulaufen.
Um die Durchblutung der Haut und der darunter liegenden Gewebe und Organe zusätzlich anzukurbeln, kann man Beine, Kreuzbein und Bauch sanft bürsten.
Die Haut darf sich dabei ruhig röten. Sie ist ein robustes Organ, das kräftige Drainagen verträgt.
In der naturheilkundlichen Klinik ist das Abbürsten Standard. Auch weil es den Patienten «beschäftigt» hält und die Hitze erträglicher macht.
Beim Schwitzbad in den eigenen vier Wänden ist die Höchsttemperatur nach 15 Minuten erreicht. Wie hoch das Badethermometer klettert, hängt vom persönlichen Körpergefühl und Wohlbefinden ab. Das Wasser sollte sich zwar heiß, aber „nicht unangenehm heiß“ anfühlen und keinesfalls 40 bis 41 °C übersteigen.
Falls Sie ein unangenehmes Herzklopfen, Unwohlsein oder Schwindel spüren sollten, ist das Wasser entweder zu heiss oder Sie haben die Temperatur zu rasch gesteigert.
Lassen Sie sofort kaltes Wasser nachlaufen. Grundsätzlich sollten Schwitzbäder in Anwesenheit einer zweiten Person durchgeführt werden, die bei Bedarf helfen kann.
Nach Erreichen der individuellen Höchsttemperatur verweilen Sie weitere drei bis fünf Minuten im Wasser, insgesamt also etwa 20 Minuten.
Steigen Sie aus der Wanne, trocknen Sie sich ab und schlüpfen Sie in einen Bademantel. Dann ab ins Bett, wo Sie mindestens 30 Minuten (besser 60) „nachdünsten“.
Diese Phase, auch „Trockenpackung“ genannt, steigert die schweißtreibende Wirkung des Schwitzbades erheblich. Dass das Reinigungsorgan Haut auf Hochtouren arbeitet, werden Sie spätestens dann merken, wenn Ihnen der Schweiss nach fünf bis zehn Minuten aus den Poren rinnt.
Für eine Trockenpackung müssen Sie richtig gut eingepackt sein: Unter dem Körper zwei grosse Frottéetücher und ein Leinentuch ausbreiten, die den austretenden Schweiß auffangen. Über dem Körper ein weiteres Leinentuch, darüber zwei Wolldecken und eine Daunendecke.
Auch Hals und Kopf müssen «luftdicht» verpackt sein, damit keine Wärme entweicht. Nur das Gesicht soll herausschauen!
Jetzt brauchen Sie nichts mehr zu tun, als in Ihrer warmen Betthöhle vor sich hin zu dösen und an etwas Angenehmes zu denken. Zum Beispiel daran, dass gerade gegen drei Millionen Schweißdrüsen eine Menge Schad- und Giftstoffe aus Ihrem Körper leiten, die Sie auf normalem Weg nicht so rasch losgeworden wären.
Nach 30 bis 60 Minuten den eigenen Dunstkreis verlassen und sich unter die Dusche stellen. Wasser und Seife entfernen alle verbleibenden fett- und wasserlöslichen Schadstoffe von der Haut. Nach Bedarf nochmals eine Tasse Kräutertee oder Wasser mit Zitronensaft trinken, um die Flüssigkeitsreserven aufzufüllen. Das wunderbare Gefühl einer solchen «Generalreinigung» dürfte Sie wunderbar schlafen lassen!
Wer ein gesundes Herz und einen intakten Kreislauf hat, kann das Halbschwitzbad in ein Ganzschwitzbad verwandeln. In diesem Fall legen Sie sich bis unters Kinn ins Wasser. Eine kalte Kompresse auf der Stirn reduziert den Blutandrang in den Kopf.
Da dieses Schwitzbad noch intensiver wirkt als das Halbschwitzbad, müssen Sie die Signale Ihres Körpers besonders aufmerksam beobachten und das Bad nach spätestens 15 Minuten verlassen. Kontraindiziert – das heisst verboten – sind Überwärmungsbäder in folgenden Fällen: defekte Venen, Venenentzündungen, Venenthrombosen, bei Herz-Kreislauf-Beschwerden, unmittelbar nach Operationen, bei starker Erschöpfung oder Schwäche, bei Fieber. In diesen Fällen können sanfte Waschungen nach Kneipp Linderung verschaffen.
© Text: Petra Horat, Journalistin für Ganzheitsmedizin
Beitrag publiziert in der Schweizer Zeitschrift „Gesundheitsnachrichten“ 2/2006. Letztmals aktualisiert: 16.01.2025
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Wozu ein hyperthermisches Fussbad?
Richtig durchgeführt können Halb- und Ganzschwitzbäder die Abwehrkraft gegen Viren und Bakterien bemerkenswert steigern.
Manchmal sind sie aber kontraindiziert, also nicht anwendbar. Zum Beispiel bei Krampfadern.
Was tun? Man kann auf ein hyperthermisches Fußbad ausweichen. Es steigert die Abwehrkraft ebenfalls, wenn auch sanfter.
So geht’s: Wasser von 35 °C in die Badewanne laufen lassen, bis Ihre Fußsohlen im Wasser stehen. Während 15 Minuten immer heißeres Wasser zulaufen lassen. Die Temperatur sollte 39 °C erreichen (Badethermometer). Wichtig ist, dass das Wasser nicht bis zu den Waden hochsteigt, sondern in Knöchelhöhe bleibt. Bei Bedarf zwischendurch wieder etwas Wasser ablaufen lassen.
Was tun, wenn Überwärmungsbäder „tabu“ sind?
Es gibt Risikogruppen, für die weder ein hyperthermisches Fußbad noch ein Halb- oder Ganzkörper-Schwitzbad in Frage kommen: Personen mit Herz-Kreislauf-Beschwerden sowie Patienten, die frisch operiert, stark geschwächt oder erschöpft sind. Außerdem Menschen mit Fieber.
Sie können jedoch auf sanftere Entschlackungsmethode ausweichen. Zum Beispiel auf Waschungen nach Kneipp.
Auf ärztliche Verordnung
Sehr intensive Schwitz- bzw. Überwärmungsbäder werden nur auf ärztliche Verordnung hin und in physiotherapeutischer Begleitung durchgeführt.
Das gilt erst recht für das Schlenzbad, das bis 60 Minuten dauern kann. Es ist nach der Österreicherin Maria Schlenz benannt, die mit ausgedehnten Vollbädern und Nachschwitzen spektakuläre Heilerfolge erzielte. Letzteres hatte u.a. zur Folge, dass auch die Universitätsklinik Innsbruck Schlenzbäder anzuwenden begann.