Du isst öfters zu viel Süßes, Salziges oder Fettiges? Weil Du frustriert, traurig oder gelangweilt bist? Mit diesem Problem bist Du alles andere als allein: Das Essen aus emotionalen Gründen ist weit verbreitet! Vier Tricks können dir helfen, die Sucht nach Essen zu besiegen.
Worum geht es eigentlich bei der Sucht nach Essen? Das macht der englische Begriff „Comfort-Eating“ besonders klar: Comfort bedeutet „Trost“ oder „Behaglichkeit“.
Mit anderen Worten: Menschen, die aus emotionalen Gründen immer wieder zu viel „mampfen“, essen, um sich zu trösten. Sie essen, um sich behaglicher zu fühlen. Zum Beispiel, weil sie gestresst sind, nervös, ungeduldig, besorgt, wütend, frustriert oder gelangweilt.
Die langjährige Basler Ernährungsberaterin Margreth Brühl hat in ihrer Praxis tiefe Einblicke in das Phänomen der Esssucht alias Comfort-Eating gewonnen: »Bildhaft ausgedrückt ziehen sich Comfort-Eater Pantoffeln an«, sagt sie. »Mit dieser Fußbekleidung fühlen sie sich wohl und entspannt.« Doch die Taktik funktioniert nur vorübergehend.
Denn »die Sucht nach Essen ist weder gesundheitsfördernd noch gewichtsfreundlich«, sagt Margreth Brühl. »Auf Dauer beeinträchtigt das Essen aus emotionalen Gründen das Wohlbefinden deutlich.«
Mit anderen Worten: Die Sucht nach Essen macht auf Dauer dick, krank und traurig.
Was Menschen, die süchtig nach Essen sind, wirklich brauchen, sind „seelische Wanderschuhe“, sagt die Fachfrau. »Solche Schuhe ermöglichen eine Entdeckungsreise, die näher zu sich selber führt.«
Jeder Comfort-Eater weiß, dass die innere Instanz, die sein Essverhalten steuert, ausschließlich am Jetzt orientiert ist. Gedanken an die Zukunft wie mögliches Übergewicht oder eine gewichtsbedingte Gelenkabnutzung, spielen im Augenblick des Essens keine Rolle.
»Deshalb ist für Comfort-Eater ein „Jetzt-Ziel“ hilfreich«, sagt Margreth Brühl. »Es macht keinen Sinn, dass sie Kalorien zählen oder dauernd überlegen, was sie essen dürfen und was nicht. Das ist zu kopfgesteuert und bringt auf Dauer nichts. Ein Jetzt-Ziel aber hilft Comfort-Eatern, sich aus den Fängen des emotional gesteuerten Essens zu befreien.«
Wie sieht ein solches „Jetzt-Ziel“ aus? Schritt eins:
• Bringe deine Aufmerksamkeit ganz ins Hier und Jetzt.
• Nimm alle Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken voll bewusst wahr, die deinem Wunsch nach Essen vorausgehen.
Und jetzt stell‘ dir vier Fragen:
• Hat mein Körper gerade biologischen Hunger?
• Wie fühle ich mich in diesem Augenblick?
• Drängen mich bestimmte Emotionen zum Essen drängen? Vielleicht Ärger, Langeweile, Nervosität, Frust oder ein anderes unangenehmes Gefühl?
• Wie fühlt sich mein Körper an?
Wie sich dein Körper anfühlt, findest Du heraus, indem Du vor allem auf folgendes achtest:
• die Atmung.
• das Körpergefühl, vor allem im Bauch, in den Füßen, im Rücken und im Nacken.
Die meisten Menschen, die süchtig nach Essen sind, so Margrit Brühl, lernen erst dank solchen Fragen, ihren Körper, ihre Gefühle und ihre Gedanken bewusst wahrzunehmen. »Das aber ist der erste Schritt zur Heilung des eigenen Essverhaltens.«
Und was geschieht danach? Margreth Brühl rät:
• Untersagen Sie sich das Essen nicht, aber verschieben Sie den Beginn des Essens um einige Minuten!
Dieser Trick funktioniert bei fast allen Menschen. Bei manchen funktioniert er nicht, wenn sie hungrig sind. Zum Beispiel, weil sie am gleichen Tag eine Mahlzeit ausgelassen haben.
Dritter Trick:
• Überbrücke den Zeitaufschub während mehreren Minuten mit etwas, das dir gut tut. Zum Beispiel mit körperlicher Bewegung, einer kurzen Entspannung oder einem Blick in ein spannendes Buch.
Laut Margreth Brühl sollte die gewählte Beschäftigung „nicht kopflastig“ sein. Doch jeder sollte selber herausfinden, was passt!
Ist die Aufschiebezeit vorbei, setze dich ruhig hin wende den dritten Trick an:
• Lass dich um nichts in der Welt vom Essen ablenken! Sei einfach nur voll und ganz auf dein Essen fokussiert.
Also weder zum Essen Radiohören, noch fernsehen oder aufs Handy schauen. Diese Geräte sollten beim Essen nicht in Griffnähe befinden.
• Tut man das, geschieht meist folgendes: Man beginnt, den Geschmack, den Geruch und die Empfindungen beim Essen viel deutlicher wahrzunehmen.
Margreth Brühl: »Man erlebt das Knackige, Weiche, Knusprige, Glatte, Süße und Salzige der Lebensmittel. Man nimmt alle Nuancen des Geschmacks im Mund voll bewusst wahr.«
Das achtsame Essens hat eine weitere, erfreuliche Wirkung: langsameres Kauen. Und dieses wiederum führt über nerval-biochemische Prozesse zu einem Gefühl der Zufriedenheit und zu einer rascheren Sättigung.
Margreth Brühl: »Das Erstaunen der meisten Comfort-Eater ist groß, wenn sie das erste Mal erleben: Der achtsame Genuss eines einzigen Biskuits oder eines Stückchens Schokolade machen mich bereits zufrieden und glücklich!«
Für eingefleischte Comfort-Eater sind solche Erlebnisse beeindruckend. Umso mehr, als die meisten von ihnen selten richtig in die Nahrung hineinschmecken. Auch sind viele von ihnen überzeugt, dass das Essen großer Mengen genussvoll sei.
»In Wahrheit wird das Geschmackserlebnis nicht größer, je mehr man isst. Im Gegenteil: Es kommt mit zunehmendem Essen zu einem Rückgang der Wahrnehmung«, sagt Ernährungsberaterin Margreth Brühl.
Auf dieser Entdeckungsreise lernen Menschen, die regelmäßig zu viel essen, dass nicht der leer gegessene Teller oder die leere Chipstüte das Signal zum Aufhören sind. Sondern das eigene Körpergefühl. Und zwar vor allem das Sättigungsgefühl des Magens.
Wer das jahrelang anders gemacht habe, findet das natürlich ungewohnt oder sogar anstrengend. Die alten Essgewohnheiten werden einem am Anfang noch Streiche spielen. »Doch jeder Versuch, achtsam zu essen, prägt sich dem Gehirn ein«, weiss Margreth Brühl.
Allmählich entsteht ein neuer Datenpfad im Gehirn. Und dieser verwandelt sich mit jedem neuen Versuch in eine Datenautobahn, die das achtsame Essverhalten festigt. Sodass man mit der Zeit gar nicht mehr anders als achtsam und langsam essen möchte!
Ganz wichtig: Menschen, die regelmässig zu viel essen, sollten sich bewusst machen, welche Denkmuster und Verhaltensweisen die Sucht nach Essen befeuern. Auch hier hilft vor allem eins: sich selber aufmerksam beobachten.
»Solche Entdeckungen tragen dazu bei, die innere Freiheit zu entfalten«, sagt Margreth Brühl. »In jedem Menschen schlummern Begabungen und Qualitäten, die es erlauben, ein Gefühl wie Langeweile konstruktiv umzuwandeln. Statt automatisch zu Schokolade oder Kuchen zu greifen, denken Sie sich nun alternative Verhaltensstrategien aus. So erforschen Sie ihr eigenes Potential und nutzen es.«
Die Erfahrung zeigt: Die Selbstgespräche von Comfort-Eatern und Esssüchtigen bieten oft grossen Optimierungsbedarf. Margreth Brühl hat beobachtet, dass viele Comfort-Eater und Übergewichtige dazu neigen, sich selbst Vorwürfe zu machen, sich zu beschimpfen oder gar zu erniedrigen, wenn sie kulinarisch über die Stränge hauen. Es sei deshalb wichtig, so die Therapeutin, dass Sie sich immer wieder fragen:
• Wie rede ich eigentlich mit mir?
• Würde ich auch mit anderen so reden?
Denn eine freundschaftlich-unterstützende Einstellung zu sich selbst erleichtert den Umgang mit negativen Gefühlen und harmonisiert das Essverhalten.
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Text: Petra Horat
Naturärztin NVS
Journalistin für Ganzheitsmedizin
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