Lasst Blumen spriessen

Wie wäre es mit einem Blühteppich statt Rasen im Garten? Das sieht wunderschön aus, erspart mühseliges Mähen und ist wertvoll für Bienen, Hummeln und viele weitere Insekten. Fast 90 Prozent der artenreichen Blumenwiesen sind in den letzten Jahrzehnten verschwunden. Deshalb zählt jedes Stück Land, das in eine Blumenwiese verwandelt wird.

Stäfa macht’s vor
Lichtnelken, Flockenblumen, Margeriten, Wiesenknopf und Salbei… Jeden Sommer blüht die Wiese vor der reformierten Kirche im zürcherischen Stäfa in allen Farben. Eine wahre Pracht! Und obendrein praktisch: «Wir müssen die Wiese nur zweimal im Jahr mähen und nicht bewässern. Ihre einheimischen Wildblumen sind robust und trockenheitsresistent», erklärt der Gärtner Urs Aeberli, zuständig für die Pflege der Wiese.

Bunt statt monoton
Die Blumenwiese in Stäfa ist eine geglückte Alternative zu den monotonen Rasenlandschaften, die das Gros der Hausgärten und viele öffentliche Grünflächen dominieren. Rund 90 Prozent der artenreichen Blumenwiesen sind in den letzten Jahrzehnten verschwunden. Deshalb zählt jedes Stück Land, das in eine Blumenwiese verwandelt wird und damit einen Lebensraum für Vögel, Schmetterlinge, Bienen, Hummeln, Käfer, Grillen und viele weitere Insekten sowie Kleintiere bietet.

Pflegeleichter als Rasen
Ausserdem ist eine Blumenwiese viel pflegeleichter als ein Rasen: Gemäht wird je nach Standort ein- bis dreimal im Jahr, das Wässern kann man sich sparen (längere Dürreperiode ausgenommen) und auch Dünger, Pflanzenschutzmittel und Vertikutieren entfallen. Das Einzige, was man braucht, ist etwas Geduld und Umsicht. So lohnt es sich beispielsweise, nicht die erstbesten Tütchen auszustreuen, sondern standortgerechtes Öko-Saatgut zu kaufen.

Mach dich locker, Erde
Entscheidend ist auch die Bodenvorbereitung. «Hier passieren besonders häufig Fehler», weiss der Bio-Gärtner Markus Neubauer aus dem thurgauischen Erlen TG. Er legt seit über 20 Jahren Naturgärten an. «Wer einen bestehenden Rasen in eine Blumenwiese verwandeln will, kommt nicht darum herum, die Grasnarbe abzutragen. Danach wird die Erde mit einem geeigneten Werkzeug gelockert.»

Immer langsam mit der Saat
Sorgfalt ist auch beim Ausbringen des Saatguts gefragt. «Wird der Boden sofort nach dem Vorbereiten besät, ist der Misserfolg vorprogrammiert. Zuerst muss sich die restliche Wurzelmasse abbauen und die offene Erde sollte sich absetzen», erklärt Markus Neubauer. Das heisst, es muss sich eine natürliche Kapillarität entwickeln, damit die Pflanzenkeimlinge vom Erdreich her mit ausreichend Feuchtigkeit versorgt werden. Aus diesem Grund bereitet Markus Neubauer den Boden am liebsten im Herbst vor und sät die Blumenwiese erst im folgenden Frühling aus. So lange mögen sich allerdings nur die wenigsten Hobbygärtner gedulden. Wiesen-Profi Markus Neubauer rät, wenigstens «sechs bis acht Wochen zu warten», bis man die Blumensamen in die vorbereitete Erde sät.

Achtung, Dichtestress
Mitunter begehen Blumenfreunde vor lauter Begeisterung den Fehler, dass sie zu viel Saatgut ausbringen und danach während Wochen täglich giessen, damit die Blumen rasch wachsen. Laut Markus Neubauer führt das aber nur dazu, dass «Dichtestress entsteht und Gras statt Blumen heranwächst».
Ausserdem habe das Giessen zur Folge, dass der Verwurzelungsprozess der Keimlinge gestört und die Samen schlimmstenfalls weggeschwemmt würden. «Wer’s nicht glaubt, erinnere sich an die bewährte ‹Heumethode› der Landwirte, die Jahr für Jahr grossflächige Blumenstreifen anlegen, ohne ein einziges Mal zu wässern. Dazu bringen sie lediglich das Heu einer gemähten Blumenwiese auf der offenen Erde aus und lassen es in Ruhe absamen.»

«Unkraut» willkommen
Was aber soll man tun, wenn trotz korrekter Saatgutmenge nur Gräser und allerlei «Unkraut» spriesst?
«Es ist ein gutes Zeichen, wenn die frisch gesäte Blumenwiese im ersten Jahr grün aussieht», erklärt Markus Neubauer. «Die rasch wachsende Spontanflora schützt die langsam keimenden Blumensamen vor dem Austrocknen und starken Niederschlägen.»

Wichtig: rechtzeitig zurückschneiden!
Der unerwünschte Grünbewuchs darf also seine Aufgabe erfüllen, doch spätestens sechs bis acht Wochen nach der Aussaat wird er zurückgeschnitten, damit er nicht absamt und die Blumenkeimlinge zu stark beschattet. Je nach Standort und Wüchsigkeit folgen ein bis zwei weitere Säuberungsschnitte bis zum Ende der Saison.
Das habe zur Folge, dass unerwünschte Pflanzen im zweiten Jahr völlig bis weitgehend verschwunden seien und die Blumen ungestört blühen könnten, versichert Markus Neubauer.

Mit den Jahren noch schöner
Gut zu wissen ist auch, «dass sich eine Blumenwiese Jahr für Jahr natürlich weiterentwickelt, bis sie nach fünf bis sieben Jahren ihre standortgerechte Form gefunden hat». Wer von Anfang an etwas blühen sehen möchte, mischt dem Saatgut rasch keimende, einjährige Blumensamen bei, beispielsweise Ringelblumen oder Mohn, oder pflanzt einige mehrjährige, einheimische Blütenstauden, die ebenfalls im ersten Jahr blühen.
Auch Gemüsepflanzen wie Randen (Rote Bete), Karotten oder Fenchel können eine Blumenwiese bereichern. Sie sind wertvolle «Insekten-Magnete» und ein Blickfang mit Seltenheitswert.

 

selber eine Blumenwiese anlegen www.gesundheitsjournalistin.ch

So gelingt Ihre Blumenwiese!

Saatgut
>Bevorzugen Sie Blumensamen aus Ihrer Region, wenn möglich in Bio-Qualität.
>Wählen Sie Blumensamen, die auf den individuellen Standort abgestimmt sind (Bodenbeschaffenheit, Besonnung). Im Fachhandel und beim BioGärtner gibt es zahlreiche Samenmischungen für unterschiedlichste Standorte.

Boden
>Befreien Sie die Erde von allen Fremdwurzeln. Sie sollte locker und feinkrümelig sein.
>Bei sehr nährstoffreichen Böden kann die Erde durch Ausbringen von drei bis fünf Zentimetern Tuffsand oder gewaschenem Kies abgemagert werden. Je magerer der Boden, desto zahlreicher die Blumen.
>Lassen Sie den Boden genug lange «absetzen»: Mindestens sechs Wochen, besser mehrere Monate (kleinere Flächen können in dieser Zeit gut mit einem Vlies oder einer dünnen Schicht Stroh vor Sameneinflug geschützt werden).

Aussäen
> Die meisten einheimischen Blumen keimen bei 10 bis 15 Grad Celsius. Das ist meist Anfang Mai bis Anfang Juni der Fall. Früheres oder späteres Aussäen reduziert den Keimerfolg.
> Säen Sie die Blumensamen möglichst regelmässig aus, etwa, indem Sie sehr feinen Sand oder feines Katzenstreu beimischen. Ungefährer Richtwert für die Aussaatdichte: fünf bis zehn Gramm Saatgut pro Quadratmeter.
> Die meisten Blumensamen sind Lichtkeimer. Rechen Sie das Saatgut deshalb nicht ein, sondern drücken Sie es lediglich mithilfe von Schneeschaufel, Walze oder Fussbrettchen ein bis zwei Millimeter in der Erde fest.

Jäten
Frisch angelegte Blumenwiesen dürfen auf keinen Fall gejätet werden. Das Herausreissen einzelner Pflanzen stört die Bodenstruktur im Umkreis und bewirkt deshalb mehr Schaden als Nutzen.

Mähen
> Die Blumenwiese sollte im Aussaatjahr zwei- bis dreimal gemäht werden: Das erste Mal sechs bis acht Wochen nach der Aussaat, um die Spontanflora zurückzuschneiden und den keimenden Blumenpflanzen Licht zu geben.
> Wichtig: Den Rasenmäher auf Höchststufe stellen und mit Fangsack mähen, damit das Mähgut nicht auf der Wiese bleibt.
> Die Blumenwiese in den Folgejahren am besten nach Lust und Laune mähen, also nicht zu immer gleichen Zeiten. Das erhöht die Chance, dass sich sowohl früh- als auch mittel- und spätkeimende Blumen vermehren können.
> Die Artenvielfalt lässt sich weiter steigern, indem man nie die ganze Wiese auf einmal mäht.
> Spätestens im September oder Oktober wird die Wiese ein letztes Mal gemäht, aber nicht zu tief, damit sie auch im Winter Unterschlupf für Kleinstlebewesen bietet.
> Sinnvoll ist es, ein paar kleinere Wege in die Wiese einzumähen, besonders für Kinder. Denn die meisten Blumen sind trittempfindlich und erholen sich nur mühsam wieder.

 

 

 

Nelke und Schmetterling, www.gesundheitsjournalistin.ch

Blumenwiesen sind Lebensraum für Vögel, Schmetterlinge, Bienen, Hummeln, Käfer, Grillen und viele weitere Insekten.

 

Fenchel Blütenstand, www.gesundheitsjournalistin.ch
Auch Gemüsepflanzen wie Fenchel (Foto), Karotten und Randen (Rote Bete) können eine Blumenwiese bereichern. Sie sind wertvolle «Insekten-Magnete» und sehen wunderschön aus.

 

Samen für Wiesenmischungen
Einheimische Blumenwiesen-Mischungen in Bio-Qualität für verschiedene Standorte:

Schweizer Flagge www.gesundheitsjournalistin.ch
– Arthasamen, Tel. 031 741 77 44 (www.arthasamen.ch); Sativa Rheinau, Tel. 052 304 91 60 (www.sativa-rheinau.ch) ; UFA Samen, Tel. 058 433 76 34 (www.ufasamen.ch).
– Kontakte zu zertifizierten Bio-Gärtnereien bei www.bioterra.ch/fachbetriebe.

Deutsche Flagge www.gesundheitsjournalistin.ch
Auf der Homepage des Naturschutzbundes Deutschland (Rubrik Umwelt) finden Sie regionale Anbieter von Bio-Samen:  www.nabu.de (Rubrik Umwelt & Ressourcen).

 

Hier geht’s zu einem Video des FIBL über die grossflächige, professionelle Ansaat einer Blumenwiese (Dez 2015).